In dieserReihe untersuche ich verschiedene Aspekte der Frauenkraft wie Kreativität, Leben spenden, nähren und erhalten, Schönheit, Gesang, Familie, Fruchtbarkeit, Reinigung, Nahrungsgewinnung, Magie, Verbindung zur Natur
in Kombination mit verschiedenen Orten auf der Erde und den verschieden Kulturen an diesen Orten.
Beim Bildreisen erfuhr ich bisher unfaßbare Komplexität und Wirken in unfaßbar vielen Feldern, materiell und immateriell, durch alle Zeiten hindurch.
Es ist für mich sehr spannend und es braucht Geduld, da einzutauchen, um meine Skizzen entsprechend umzusetzen. Die drei Bilder sind quasi der Anfang.
Gerne widme ich mich danach auch der Männerkraft, um zu schauen was sich da offenbahrt.
Ich befinde mich jetzt mit Mitte vierzig in der Mitte meines Lebes. Vielleicht ist es dieser Blick:
Auf der einen Seite auf meine Eltern am Ende ihrer Lebenszeit, auf der anderen Seite auf die nachfolgende Generation junger Menschen, der mich zum Nachdenken über die Stationen und die Endlichkeit eines Menschenlebens brachte.
Von Beginn an durchlaufen wir unsere Lebensphasen und verändern dabei ständig unsere Form. Wir sind mit drei Jahren ein anderer Mensch als mit 13, mit 30 oder mit 70. Und doch ist vielleicht im Rückblick auf Kinderfotos dasselbe Wesen erkennbar. Oder man kann in einem Kindergesicht schon in Momenten den erwachsenen Menschen erahnen.
Auf die bretonischen Trachten stieß ich letzten Sommer im Internet und war begeistert von der Vielfalt der Muster und Formen. Die Anmut und Tiefe, der auf Poskarten um 1900 Portraitierten, reizten mich, meine eigene Versionen zu malen. Glücklicherweise ist die Tradition in der Bretagne mit Musik, Tanz, Trachten bis heute lebendig geblieben und ich fand viel Material zum besseren Verständnis. Da ich diese Fülle unmöglich in einem einzigen Bild darstellen konnte, entschloß ich mich, den Anfang des Lebens, die Blüte des Lebens und die Reife des Lebens, jeweils mit den weiblichen und männlichen Exemplaren zu malen.
Diesen Winter ließ ich mich treiben und malte, was mir in den Sinn kam. Es geht um Leben und Tod, männlich und weiblich, Mensturation und Fruchtbarkeit, Beziehung und Natur, Kraftort und Familie. Fast noch lieber schnitzte und bemalte ich Hopi-Kachina-Figuren nach originalen Vorbildern, buk meine ersten Springerle und Spekulatiuskekse mit Wachs- und handgeschnitzten (nicht von mir) Holzmodeln und bewunderte alte deutsche und österreichische Volkstrachten. Auch diese Forschungsfelder flossen in die Bilder mit ein.
In der Natur ist alles miteinander verbunden. Pflanzen, Tiere, Pilze, Wasser, Erde, Luft alles gehört zusammen und wirkt gemeinsam am großen Fest des Lebens. Diesen Winter lenkte ich meinen Fokus auf das Leben der Tiere unserer Heimat. Ob Wildtiere oder Haustiere, sie sind seit Jahrtausenden mit uns verbunden und geben uns sehr viel. Mehr als die Wurst im Fleischregal. Sie haben einen Geist und eine spezielle Art zu Leben und sie brauchen ihren intakten Raum in der Natur. Wenn man in der Stadt lebt, vergißt man leicht diese zauberhafte, poetische Welt draußen, die auch anstrengend sein kann in trockener Hitze, Kälte oder Sturm und man merkt erst, was einem fehlt, wenn man mal wieder im Wald spazieren geht.
Die Natur und ihre Wesen nähren unsere Seelen, weil sie echt sind, weil wir mit ihnen in Kontakt treten können, weil sie voller Leben sind und weil wir auch eine Form dieses Lebens sind.
Viele der hier dargestellten Tiere sterben gerade aus. Es ist unsere Pflicht, sie und ihre Lebensräume zu schützen und zu erhalten, für uns, für das Universum und alle, die nach uns kommen.
Es gibt Dinge, die ich nicht verstehe. Ich kann sie fühlen, wahrnehmen, beobachten.
Es gibt sie und ich kann sie nicht erklären. Faszinierend sind für mich menschliche Körper mit ihrer Beschaffenheit, ihren Funktionen und Energien. Faszinierend ist für mich, wie sich unterschiedliche Energien bewegen, begegnen, verändern. Alles Lebendige ist stets im Wandel und beeinflußt sich gegenseitig.
Vom menschlichen Körper komme ich langsam zu den Planzen. Sie sind für mich eine Quelle der Formen, Farben, Düfte, Schönheit, Nahrung und Mysterien, und ich liebe sie sehr.
Unter Seelen-Bilder fasse ich zusammen, was immer mich innerlich bewegt. Das Malen hilft mir, über mich selbst Klarheit zu bekommen, wenn ich mit meinen Gefühlen im Nebel stehe. Es hilft mir, wenn mir etwas weh tut und wenn mich etwas sehr bewegt und ich das ausdrücken möchte. Malen hat etwas Magisches. Gesang, Tanz, Räucherstäbchenrauch, Krümel und Fasern fliessen alle mit ein. Manche Bilder möchten in der Dunkelheit weitererzählen und tiefer in ihren Bann ziehen. Dann greife ich zur Nachtleuchtfarbe und erschaffe den schönen Schein.
Die Peacebuilder-Bilder kamen 2016 mit dem Friedensstiftergipfel in Paretz zu mir. Aus der intensiven Begegnung mit diesen besonders engagierten Menschen, ihrer Geschichte, Kultur und persönlichen Motivation für ihre Arbeit entstand diese Reihe.
Das Thema Tanz begleitet mich schon seit den späten 90er Jahren. Es bot mir eine gute Gelegenheit, Paare in intimen Posen ansprechend darzustellen. Inzwischen bin ich detail- und erzählfreudiger geworden. Die Bilder werden komplexer und sind ohne Begleittext nicht mehr vollständig zu entschlüsseln. Getanzt wird auf der
ganzen Welt und so liegen in den nächsten Jahren noch ganze Tanzwelten zum Entdecken vor mir.
Ein knapper Meter Regalbrett ist bei mir gefüllt mit grünen Büchern. Diese wiederum sind gefüllt mit schwarz-weißen krakeligen Zeichnungen. Ich habe jahrelang leidenschaftlich skizziert, wo immer ich war. Durch das lange Üben konnte ich meine Treffsicherheit erhöhen. Ich zeichne gerne bei Veranstaltungen, als Alternative zur fotografischen Dokumentation.
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Unterwegs fällt es mir schwer, mit Pinsel, Palette und Malbrett, Wasserglas, Bindemittel und zweiundzwanzig Farbdosen schnell ein Bild zu erschaffen. Mit den leicht zu transportierenden Worten geht es schon besser. Wenn mich die poetische Muse küßt, habe ich meine Freude daran, mein Empfinden in Texten auszudrücken und es so mit anderen zu teilen.
Zweiter Oktober
Zweiter Oktober
warmer Abend
leichter Wind biegt Sonnenblumen
erste braune gelbe Blätter zwischen Grün
Sonne im Bleiglanz
hinter taubenblauen stillen Wolken
der Fluß meditiert kopfüber die Weide
nächster Halt: Kirche Uetz
schwarzgrüner Wald
wir fahren ins Abendgold
morgen früh zaubert der Graul
tausende Tröpfchen verschwebt
über Mutter Erde
bringt Fruchtbarkeit und Pilz
Entstehen und Vergehen
schläft der Sanddorn im Wiesenbett
träumt der Kohl im Feldbett
ruht die Gärtnerin im Federbett.
(c) Anja Mattenklott, 02. Oktober 2020
Abendmoment
Es leuchtet
das Rot der Bussitze
das Gelb der Haltestangen
das Grün der Felder
das Ocker des Winterlaubs
das Creme der Dorfhäuser
das Braun der Stämme
das Auge der Aue
die Rinde der Birken
die MIlch des Mondes
das Gold der Sonne
das Licht des Himmels
der Trieb der Linden
lange Schatten
die Kirschbäume unter Beregnung
steigt der Mond
sinkt die Sonne
kosmische Wippe
ich schaue aus der Mitte
und staune
die Welt ist schön
und trocken.
(c) Anja Mattenklott, 06. April 2020
Frühlingsanfang mit C.
Wir sitzen im Bus.
Am Ende ist der Garten.
Die Erle fiel um.
Zu viert zerlegen wir sie.
Vier Träger von Viren.
Menschen sollen zu Hause bleiben.
Im Frühling.
Kein Klopapier, keine Nudeln.
Keine Kartoffeln.
Abstand halten.
In den Ellenbogen husten.
20 Sekunden lang Hände waschen.
Die Seuche beschäftigt drei Kontinente.
Dauer ungewiß.
(c) Anja Mattenklott, 21. März 2020
Frühlingsabend
Aprilsonne
abend
um mich das Land
fast weißes Blau
die Bäume noch kahl
feinnervige Silhouetten
die Felder in goldenem Grün
in der Stadt ist es still
leere Sraßen
den ganzen Tag
die Ruhe einer längst vergessenen Zeit
Eine Generation ist bedroht
viele gestorben
Zeugen eines Lebens, das es nicht mehr gibt.
In meinem Garten
treiben die Erdbeeren
und sehen die Sonne
wie ich
(c) Anja Mattenklott, 03. April 2020
Eingebung
wenn die blaue Wolke stirbt
geht das Wasser weg
das Leben ist und bleibt
in der Veränderung
wir schwimmen, sinken sehen
durch Wasser
mit offenen Augen
sehen die Welt und sinken
(c) Anja Mattenlott, Potsdam, 24. Januar 2020
angenommen
Blau ist unsere Farbe
Unsere Augen, Deine Haare.
Von einem Stern - zwei Welten.
Polarblütenpollen schweben.
Sinken still in Naben.
Die Körper wissen
vor dem Verstand.
Atemvergessene Ewigkeit.
Du gibst mir Deine Hand.
Ich habe - Du hast mich - angenommen.
(c) Anja Mattenklott, Potsdam, 22. April und 1. Mai 2019
Nullpunkt
bis jetzt kein zu Hause
auf dem Weg arrangiert,
stiller Zug zur Zuflucht:
Straßenzimmer
Tabak Hopfen Bohnenguß
unter Menschen
still sein, am Nullpunkt.
Zugewandt der Leib
Augen Haare blau
sprechend fühlend
verstehen und wissen
nichts wollen
nur sein
wesentlich
präsent
wendepunkt
autonomischer Aufbruch
vienniesischer Schmähblick
betrunkene Küsse
"Es ist wie es ist."
Ich glaube garnichts.
"Und nun??"
Das Ende vom Anfang.
(c) Anja Mattenklott, Potsdam, 18. September 2018
Innere Waschbar
In dunkler Schenke
Warten auf die Backkartoffel
Weiche Streicher und Blues
Waschmaschinen mit Namen
Hugo, Olga, Susi, Rita
Abendlichtglitzernder Zuckerstreuer
Kakteen und Engel
Tattoos und Sonnenbrillen
Wasserrauschen
Diskokugel
Ich werde einen
Galao bestellen.
Große graue Trockner heißen
Elvis, Buddy, Bill.
Der Galao ist da.
Portugiesischer Kaffee - stark,
in geschäumter Milch aufgekocht.
Urlaubsgeschmack.
Auf der anderen Straßenseite:
mein neues Zimmer.
(c) Anja Mattenklott, Potsdam, 23. April 2018
Neue Möglichkeit
Ich steige zur Bäckertür
Erleuchtete Kekse
Gediegene Meisterbriefe
Stachelbeerkuchen
mit Zuckergußgitter
Jetzt bin ich dran:
"Zwei Knüppel und ein Nußtörtchen"
Gewalt und Wonne.
Hinter der Tür ein breites Grinsen
Das Glück, früh zum Bäcker zu können.
(c) Anja Mattenklott, 27. April 2018
weit gegangen
Müde Füße berühren sich
ich beschließe,
nicht mehr zu schreiben.
Es sei denn, er meldet sich.
Eigentlich wär ich dran.
Es hat keinen sinn für mich.
Zuviel Theorie.
Zuwenig Praxis.
Müde Füße kommen hier nicht weiter.
Wo die Liebe nicht hinfällt,
wächst kein Kraut.
(c) Anja Mattenklott, 24. April 2018
Erster Tag im Jahr
Sonnenlicht reinigt das Dunkle,
irritiert meine Höhlenaugen,
treibt mich hinaus
ich stelle die Weichen
überrreiche den Schmerz
wie ein Gedicht
wie ein nacktes Junges
zum stillen Verstehen
inzwischen zart
Wurzel und Keimblatt
mäandern ihre Wege
ins Lebensspiel
(c) Anja Mattenklott, Paretz, 04. Januar 2018
Aneinander
Dreiviertel Mond über Kopf ins Aug´
denk´ ich an dich,
wie oft an den Tag:
ich kam...
du warst...
dacht´ ich an dich
deine Stimme
wußte nicht, traute nicht,
rief nicht, wartete
der Moment - noch nicht.
Fuhr ich heim
fuhrst du fort
gleichzeitig
ungesehen
ungespürt
vorbei
der Moment - zu spät
du riefst mich
vorbei
(c) Anja Mattenklott, Wredenhagen, 29. Dezember 2017
Immersinn
Unter der inneren Rinde
mein Kambium wächst
zum Basthemdchen
zum Borkenrock
zu Splintstiefeln
mein Kambium wächst
ins Innere, ins Äußere
stärkend und grenzend
mein Kambium
Lebensfadenhaut
Pechlerberührt,
gerötet, geschabt,
gerissen, gerillt
mein Balsam fließt
fließt durch dich an dich für dich
trage ich
nackte Narben immerfort
(c) Anja Mattenklott, Wredenhagen, 29./30. Dezember 2017
Verloren
Im knisternden Schaum
auf wärmendem Grund
von Faszien gefaßt
in Dunkelheit
das zitternde Herz
Die Zeit zieht den Teppich fort
Nacktheit ohne Nest
ohne gehe ich
neben Dämmerfeldern,
überholt,
überlassen.
Vom Nichts zum Etwas
kann es kurz sein.
Ich tanze gegen meine Einsamkeit.
In meiner Welt
ist es still.
(c) Anja Mattenklott, Paretz, 27. Dezember 2017